Das narzisstische Kind:

Ein waschechtes, narzisstisch veranlagtes Kind zu haben, kann für Eltern eine echte Herausforderung sein. Insbesondere für die Elternteile, die selbst nicht von einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung betroffen sind.

Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass es mehrere Faktoren geben kann, weswegen du vielleicht ein Kind mit Ausprägungen in diese Richtung hast. Als Hauptgrund wird nach wie vor, zumindest aus psychologischer Sicht, die Ursache für Narzissmus in der Über- oder Unterbemutterung des Babys, des Kleinkindes angenommen. Ich teile dies Ansicht nicht zur Gänze.

Meiner Erfahrung nach spielt auch die epigenetische Übertragung, im Sinne einer seit Generationen weitergegebenen Persönlichkeitsstruktur, die auch manchmal ein, zwei Generationen überspringt, eine wesentliche Rolle. Diese Anteile an Vorbelastungen und Übertragungen sind in systemischen Aufstellungen in der Regel sehr gut aufzulösen. Das führt oft zu einer deutlichen „Entschärfung“ des Themas.

Ein wichtiges Element stellt außerdem das direkte elterliche Vorbild dar: Narzissmus ist bei erwachsenen Männern in Summe häufiger anzutreffen als bei Frauen. Die Grenzen zwischen der aktiven Erziehung durch die Eltern und dem vom Kind ganz natürlichen Lernverhaltens des „Abschauens“ gehen schwimmend ineinander über.

Die typischen Merkmale eines narzisstischen Kindes im Kurzüberblick:

  • Egozentrik: Das Kind interessiert sich nur für sich selbst und seine eigenen Bedürfnisse. Es ist nicht in der Lage, sich in andere hineinzuversetzen. Es fehlt ihm an Empathie.
  • Selbstverliebtheit: Das Kind hat ein übersteigertes Selbstwertgefühl und glaubt, dass es perfekt ist. Es ist oft arrogant und herablassend gegenüber anderen.
  • Übersteigertes Selbstwertgefühl: Das Kind glaubt, dass es etwas Besonderes ist und dass es andere bewundern und auch bewundern sollten.
  • Gier nach Aufmerksamkeit und Lob: Das Kind braucht ständig Aufmerksamkeit und Lob. Es ist oft sehr eifersüchtig, wenn andere Aufmerksamkeit bekommen.
  • Wunsch nach Sonderbehandlung: Das Kind glaubt, dass es besondere Behandlung verdient, weil es besser ist als andere.
  • Aufgrund ihrer sehr übersteigerten Ich-Bezogenheit haben diese Kinder oft Schwierigkeiten, soziale Beziehungen zu knüpfen und zu erhalten.

Verhaltensweisen, die narzisstische Kinder zeigen:

  • Sie manipulieren ihre Eltern mit Leichtigkeit. Schon früh erkennen sie instinktiv deren Schwächen und Werte und nutzen sie gegen sie und für sich selbst aus.
  • Gerne versuchen sie ihre Geschwister bei den Eltern auszubooten. Sie schwärzen sie für Dinge bei den Eltern an, die diese gar nicht getan haben oder sie selbst angestellt haben.
  • Auch hier gilt der Satz: „Huldige mir oder ich vernichte dich“ den Geschwistern gegenüber. Sie wollen und müssen die Nr. 1 sein. Sie sind das Zentrum des Universums, um die sich alle und alles drehen muss.
  • Nicht selten stellen sie sich auf ebenso intrigante wie subtile Art auf die Seite der Eltern, gehen quasi in den Schulterschluss mit deren Eltern-Ich und agieren so indirekt, aber gezielt und durchaus berechnend gegen die eigenen Geschwister.
  • Sie neigen dazu, zumindest eines ihrer Elternteile (meistens die Mutter) schon in jungen Jahren zu entwerten, schlecht zu behandeln und herabzuwürdigen.
  • Sie zeigen ein ausgesprochenes „Pascha“-Verhalten.
  • Sie lügen viel, geübt, elegant und einfallsreich.
  • Sie haben keinerlei Skrupel ihre eigenen Eltern und Geschwister zu bestehlen.
  • Sie sind, egal was sie anstellen, selbst nie die Verursacher oder die Schuldigen. Sie schieben die Schuld stets anderen in die Schuhe.
  • Schon früh zeigt sich bei ihnen ein Hang zur Selbstdarstellung, gepaart mit einer gewissen Fixierung auf Geld, Berechnung und Geschäftemachen. Den eigenen Geschwistern oder Freunden zu überteuerten Preisen Ramsch zu verkaufen, ist für sie Dank ihres Einfallsreichtums und ihrer Wortgewandtheit eine leichte Übung. Sie neigen zu Geiz.
  • Sie stellen sich theatralisch als armes Opfer dar, wenn sie in die Schranken gewiesen werden und Grenzen gesetzt bekommen.
  • Stärker als es selbst bei Trennungs- und Scheidungskindern üblich ist, versuchen sie ihre Elternteile gegeneinander auszuspielen. Ergibt sich die Chance, dass ein Elternteil häufig abwesend ist, wird das narzisstische Kind versuchen den Platz des Partners einzunehmen, um so seine Position im Familienverbund zu untermauern und zumindest einen Teil der Herrschaft über den Rest der Familie zu  erlangen. Dieses Verhalten ist ein anderes, als die sogenannte Parentifizierung, bei dem ein Kind die Rolle eines Elternteils übernimmt, um die Mutter oder den Vater zu schützen oder zu unterstützen, weil sie sie bzw. er nicht mit seinem Leben zurecht kommt oder z. B. schwer krank ist.
  • Stärker als andere Kinder reagiert Narziss auf Kritik mit massiver Gekränktheit. Unerträglich ist, wenn andere Kinder oder Jugendliche etwas besser können, mehr haben oder hübscher und beliebter sind als es selbst. Die dabei erlittenen Kränkungen fressen sich in ihnen fest und halten oft ein Leben lang an. Die daraus entwickelten starken Rachedynamiken übertragen sie auch später stellvertretend auf andere Menschen.
  • Narzisstische Kinder verzeihen nicht und entschuldigen sich nicht. Außer sie haben einen direkten Vorteil davon.
  • Echtes Selbstbewusstsein ist so gut wie nicht vorhanden.
  • Sie haben Angst davor von ihrem Thron gestoßen zu werden, auf dem sie sitzen und der ihnen in ihrer Realität selbstverständlich zusteht.
  • Es verfolgt sie bis zu einem gewissen Grad die Angst, dass ihre Manipulationen und Lügen auffliegen. Es kommt darauf an, wo sie sich auf der Lügen-Skala befinden. Ab einer gewissen Stufe glauben sie irgendwann nämlich selbst, was sie sich ausgedacht haben. Auch wenn es der Realität überhaupt nicht entspricht.
  • Sie müssen andere Menschen, Kinder wie Erwachsene, häufig runtermachen und entwerten, weil sie in Wirklichkeit Angst vor ihrer eigenen Unfähigkeit haben.
  • Mangels Empathie, jedoch sehr gut ausgestattet mit instinktiver, selbstverliebter und selbstbezogener Intelligenz, behandeln sie andere Kinder und Tiere im Beisein von Erwachsenen häufig scheinbar freundlich. Sind sie hinter verschlossenen Türen mit den Tieren oder den anderen Kindern allein, kommt dann ihre gefühlskalte, manchmal auch grausame und nahezu sadistische Seite zum Ausdruck.


Es braucht Mut, Durchhaltevermögen und Kraft, sich als Elternteil solchen Themen zu stellen …und gute Strategien des Umgangs mit sich selbst und dem Kind.


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